Mit dem Händler-Netzwerk Bepado (“Be part of it”) steht das Thema “Kooperation” wieder ganz oben auf der Agenda vieler Shopbetreiber … auf unserer sowieso – ja, wir haben Domus Apart ebenfalls für die Testphase eingetragen, denn neben der “Internationalisierung” ist das Thema “Kooperationen im (e)Business” zusätzlich auch noch zentraler Bestandteil unseres Beratungsangebotes.
spannend …
Doch zunächst ein Blick zurück und dann nach vorne.
Das “Tradoria Modell”
2007 als Mietshop-Lösung gestartet, sollte ein Marktplatz für individuelle Shops entstehen, wobei die Eigenständigkeit der Händler im Vordergrund stand. Die Eigenständigkeit der Händlershops wird m.E. mit der Übernahme durch Rakuten zugunsten des Marktplatzkonzeptes a la Amazon aufgegeben.
Aus meiner Sicht ist der Ansatz der Tradoria-Mietshop-Lösung mit der Übernahme durch Rakuten gescheitert … was nicht heißen soll, dass das neue Konzept – zumindest aus der Perspektive von Rakuten – schlecht oder falsch ist, das steht hier nicht zur Diskussion.
Inwieweit die Strategie von Herrn Hiroshi Mikitani aufgeht, muss die Zukunft zeigen; wer zu den Gewinnern oder den Verlierern zählt, das will ich hier gar nicht diskutieren; und dass Rakuten Deutschand aus meiner Sicht nicht besonders geschickt agiert hat, steht auf einem ganz anderem Blatt …
Sonstige gegen Amazon
Sehr interessant ist m.E. die Untersuchung und Einschätzung von Martin Groß-Albenhausen:
“[...] Aber dann ist mir die letzte Zeile unserer Befragungen aufgefallen. Wir lassen uns im Rahmen der Umfrage auch immer die Namen der Shops nennen, in denen der letzte Kauf stattgefunden hat. Dadurch können wir schöne und ausgesprochen detaillierte Hitlisten von Marktdurchdringungen einzelner Anbieter bis auf die Kategorie-Ebene abbilden.[...]“
und weiter
“[...]Die Sonstigen sind diejenigen Händler, die per se zu selten genannt werden, um noch auf der Liste aufzutauchen. In Summe aber ist heute das Vertrauen der Konsumenten so weit, dass auch kleinere Shops für mehr als jeden dritten Onlineeinkauf genannt werden. Das sind dann übrigens häufig Shops, bei denen unsere Prüfungen zeigen, dass sie auf Plattformen wie Rakuten laufen, aber tatsächlich als eigenständige Händler wahrgenommen werden.[...]”
Der Longtail des E-Commerce
Belastbares Zahlenmaterial zum deutschen E-Commerce-Markt zu bekommen, ist nicht gerade einfach. Am sinnvollsten erscheint es mir da noch, eine Studie von 2010 zugrunde zu legen:
388.500 Unternehmen sind im deutschen E-Commerce aktiv
Wie verteilen sich die Umsätze
Die EHI Studie listet die 1000 größten Shops.
Die Studie „E-Commerce-Markt Deutschland 2012“ basiert auf einer Analyse der 1.000 größten Onlineshops, die das Kölner EHI Retail Institute gemeinsam mit dem Hamburger Statistikunternehmen Statista im Sommer/Herbst 2012 nun schon zum vierten Mal durchgeführt hat. Die Studie listet die Händler anhand der erwirtschafteten Online-Umsätze im Jahr 2011.
Das gesamte Umsatzvolumen wird lt. Studie mit 25,4 Mrd. Euro beziffert. Davon generieren die 10 umsatzstärksten Händler alleine 32% – also mehr als 8 Mrd. Euro. 22,2 Mrd. Euro entfallen auf die 500 stärksten Händler. Bleiben rund 3,2 Mrd. Euro für die Shops ab 501. Quelle: etailment.de EHI E-Commerce-Ranking: Generalisten, Mode und Computer bewegen den Markt
Und wo bleibt da der Longtail?
Nach der von iBusiness.de durchgeführten Untersuchung (s.o.) können wir von über 150.000 Online-Shops und zusäzlich nocheinmal gut 100.000 eBay und Marktplatzhändlern ausgehen. Dieser Longtail taucht so gut wie in keiner Statistik auf. Die Umsätze der einzelnen Shops fallen durch jedes Raster und sind für sich genommen vernachlässigbar. Für die Summe gilt das aber bereits heute nicht mehr.
Nehmen wir die Zahlen des bvh für 2012. Das stärkste Wachstum erreichen die Internet-Pure-Player; sie legen im Vergleich zum Vorjahr um 40% zu.
Für Jochen Krisch von exciting commerce ist das der Dammbruch:
Da der Markt insgesamt gesättigt ist, ist der Handelsmarkt, über den wir hier sprechen, ein Verdrängungsmarkt. Und das heißt, dass die Steigerungen des Online-Umsatzes zu Lasten des übrigen Versandhandels und zu Lasten des stationären Handels gehen.
Wachstumstreiber E-Commerce
Wir nehmen die Wachstumsprognosen von Jochen Krisch und die o.g. EHI-Studie der 1.000 größten Shops und leiten daraus die Umsatzverteilung der nächsten Jahre ab.
Die größten Shops erhalten den größten Teil des Kuchens, daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, die führenden – Amazon und die Otto Gruppe – dürften weiterhin überproportional zulegen. Aber schon auf den folgenden Plätzen wird es richtig spannend …
Also sehr vereinfacht nach der Formel Pi mal Daumen: Um 3/4 des Wachstumskuchen streiten sich die Shops 1 bis 500 und um das letzte Viertel die restlichen 250.000 Shops und Marktplatzhändler – eben der vielfach genannte Longtail.
Und dieses “letzte Viertel” kann gut und gerne mehr als fünf Milliarden EUR schwer sein. Hierzu zitiere ich noch einmal Jochen Krisch:
Das heißt, es wird richtig spannend im Longtail. Interessant werden die vielen Anbieter und Shops, die noch niemand so wirklich auf dem Radar hat …
Viele dieser “Kleinst-Shops” werden zum Nebenerwerb, als Agenturshops oder zu Testzwecken betrieben; dennoch stellt sich die Frage, welcher Shop ist wirtschaftlich überlebensfähig. Oder besser gefragt: wann ist solch ein Kleinshop eigenständig lebensfähig?
Die Verdrängung erfolgt i.d.R. über den Preis, so dass Umsatzrenditen von mehr als 5% eher seltene Ausnahmen für sehr spezialisierte Nischenshops sind.
Je nach Organisation und Unternehmensstruktur dürfte die Grenze für das wirtschaftliche Überleben bei einem Umsatz von +/- 120.000 EUR/Monat liegen. Das Gros der Kleinstshops liegt deutlich darunter.
Für die weitere Entwicklung und das Wachstum im E-Commerce sind für mich zwei Umsatztypen besonders interessant:
- Shops mit einem Umsatz zwischen 20.000 EUR/Monat und 80.000 EUR/Monat
- Shops mit einem Umsatz zwischen 150.000 EUR/Monat und 350.000 EUR/Monat
Hier erwarte ich eine Welle der Konsolidierung. Der “Leidensdruck”, neue Wege in der Kooperation zu gehen, wird massiv zunehmen.
Zusätzlich erwarte ich, dass horizontale Kooperationen entlang der Handelskette zugunsten von neuen vertikalen Kooperationen aufgegeben werden.
Wo liegen die spezifischen Herausforderungen?
Selbstredend und unabhängig von Vertriebskanal und Internet sind die grundsätzlichen Fragen zu klären zu:
- Produktpräsentation : Suchen und Finden
- Logistik
- Bevoratung
- Warenflüsse : Hat der Kunde sich für ein Produkt entschieden, will er dieses sofort
- Retourenabwicklung
- Geldflüsse : Sichere Zahlung
Werden Kooperationen angestrebt, geht es um Fragen wie:
- Hersteller-Marken vs. Handels-Marken
- Streckengeschäft vs. eigene Lagerhaltung
Kooperationen via Marktplatz
Nochmal Martin Groß-Albenhausen:
Hierzu passt auch die folgende Meldung:
Ist der Handel schon reif … ?
Beide Fragen beantworte ich mit einem klaren Ja, aber … … doch dazu mehr in den kommenden Artikeln.
Rainer Helmes
Zitierte und weiterführende Artikel (eine Auswahl nach Erscheinungsdatum sortiert):
- Hitmeister präsentiert 75-prozentige Wachstumsrate (02.07.13)
- Bepado: Ist der Handel schon reif für ein Händler-Netzwerk? (30.06.13)
- Amazon und die Chancen der vielen kleinen Online-Anbieter (29.06.13)
- Gibt es ein Leben nach Amazon? (28.06.13)
- Quo Vadis Shopware & Bepado (26.06.13) mit Video-Interview: Stefan Hamann, Geschäftsführer Shopware AG, im Gespräch mit Alexander Graf, Kassenzone.de
- Starker Start für das Händler-Netzwerk bepado (25.06.13)
- Mikitani, CEO @ Rakuten: “Once you have experienced this, you will understand it.” (21.06.13) Video-Interview: Hiroshi Mikitani, Gründer und CEO von Rakuten, im Gespräch mit Alexander Graf, Kassenzone.de
- Wer will Shopware jetzt noch aufhalten? (18.06.13)
- Projekt „Collins“: Warum Otto so handelt (17.06.13)
- E-Commerce Strategie: Die Evolution von Markenherstellern im E-Commerce (03.06.13)
- Design3000 schließt Investorengespräche nicht mehr aus (16.05.13)
- E-Commerce XXL: Wie groß kann der Online-Handel werden? (08.05.13)
- Otto Group will 300 Millionen Euro in E-Commerce-Projekte investieren und bis 2015 acht Milliarden Euro Online-Umsatz erreichen (05.04.13)
- Marktausblick: Die Tsunami-Jahre des E-Commerce (2011-2020) (03.03.13)
- Wo steht der sterbende Handel – heute und in 5 Jahren? (21.02.13)
- Explosives Wachstum: Wie Online den Handel überrollt (13.02.13)
- Tabubruch in Celle (26.01.13)
- Design 3000 Gründer Frank Levita im ausführlichen Interview (11.01.13)
- Domus Apart – eine weitere Plattform im Internet – oder neue Wege der Kooperation? (11.01.13)
- Design 3000 steigert sich 2012 auf 8 Mio. Euro Umsatz (10.01.13)
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